Dirk Wemhöner
Speaker - Trainer - Coach und Mathe-Fan 

Partille-Cup 2025 (www.partille-cup.com)

Als wir in der vergangenen Saison die Qualifikation zur Regionsoberliga mit der männlichen B-Jugend geschafft hatten, war klar, dass eine schwierige Situation auf uns zukommen wird. Die anderen qualifizierten Mannschaften zeigten sich in der Qualifikationsrunde deutlich stärker und eingespielter als wir. Zudem kam das Problem hinzu, dass wir keinen gelernten Torwart in unseren Reihen hatten, so dass ein Feldspieler diese Position übernehmen musste. Denkbar schlechte Voraussetzungen für eine Saison. Das Ziel der Saison war schnell ausgemacht: wir wollen besser werden, 

die Ergebnisse stehen nicht im Vordergrund und schließlich: Von wem kann man mehr lernen als von Besseren? Dafür waren die Voraussetzungen optimal. Trotzdem setzten wir uns ein subjektives Ziel: Sollten wir uns wirklich verbessern und sollten alle Spieler im Training und Spiel „Vollgas“ geben, dann fahren wir am Ende der Saison auf das größte Jugendhandballturnier der Welt, zum Partille-Cup nach Göteborg. 

Warum ausgerechnet dorthin? Zum einen war der Trainer mit ehemaligen Vereinen schon mehrmals dort (erstmals 1973!) 

und warum sollte man zum zweitgrößten Turnier fahren, wenn man schon mal unterwegs ist.

Wer jemals eine solche Reise organisiert hat, kennt die Herausforderungen: Unterschiedliche Ideen müssen unter einen Hut gebracht werden, was leicht klingt, ist nicht immer einfach. 

Natürlich hatten sich alle (Darian, David, Leon F., Leon M., Lennart (R), Maximilian, Gordon, Max, Aaron, Carl, Lennart(L), Johannes, Elias, Simon und Henry ) die Fahrt aufgrund unermüdlichen Einsatzes verdient, aber ausgerechnet die fünf Erstgenannten hatten nicht verschiebbare Schultermine, sodass Ihre Mitreise unmöglich war. Es ergab sich aber, dass aus der bestehenden A-Jugend 4 Spieler die Reise nach Göteborg auf sich nehmen wollten, um die Jungs der B-Jugend zu unterstützen. Marvin, Merlin, Finn und Justus seien hier namentlich erwähnt. Der geeignete Leser wird feststellen, dass von den vier genannten Spielern keiner Torhüter ist, was nun?

Simon aus der B-Jugend hatte sich dankenswerterweise bereiterklärt, als Torhüter aufzulaufen und auch Justus sagte zu im Notfall als Torhüter einzuspringen (siehe weiter unten). Eine spielfähige Truppe machte sich also auf den Weg neue Handballkulturen kennenzulernen.
Doch zurück zur Organisation: Der erste geäußerte Wunsch war, den Weg per Bahn anzutreten. Nachdem man in der Vergangenheit recht viele kritische Berichte über die Bahn lesen konnte, bleibt festzustellen, dass diese durch die gesammelten Erfahrungen nicht widerlegt werden konnten. Somit fiel die Bahn als Beförderungsmittel aus. Leider zeigte sich auch, dass eine Reisegruppe, bestehend aus 17 Personen, wir hatten mit David und Ralf zwei weitere Betreuer gefunden, in einer organisierten Reise nur schwierig unterkommen. Auch die Fährverbindungen waren hochpreisig, so dass wir uns für einen Kompromiss entschieden.

Ein MB-Sprinter wurde angemietet, fünf Personen und sehr viel Gepäck starteten bereits am Samstag, während der Großteil des Teams per Flugzeug den Weg nach Göteborg antrat. Der Flug war insgesamt natürlich deutlich weniger zeitaufwändig. Freitagabend wurde das Mietfahrzeug beladen, Samstag starteten der Trainer, Ralf, Elias, Justus und Finn in Richtung Kiel. In Kiel war Kieler Woche und somit bot sich ein Kurzbesuch an. Dann erstmal ab nach  Kolding (Dänemark, nicht Albanien... ). In einem netten Hotel fanden wir in einem geräumigen 5-Bett-Appartment Unterkunft und bereiteten uns in Ruhe auf die kommenden Aufgaben vor. Dazu gehörte insbesondere die imposante Fahrt nach Göteborg, die uns über zwei großartige Brücken führte. Dem interessierten Göteborg-Reisenden sei aber nicht verschwiegen, dass die Nutzung der Brücken eher als hochpreisig einzustufen ist und die Eindrücke sind, wie wir auf der Rückfahrt erfahren haben, nur bei schönem Wetter sensationell.

Der Weg von Malmö nach Göteborg war dann von Sturmböen begleitet, die ein Handballspiel unmöglich gemacht hätten. Wir erreichten aber unsere zugeordnete Schule pünktlich, 

bezogen „unser“ Klassenzimmer und konnten die Flugreisenden relativ pünktlich am Flughafen abholen, um dann den Transfer zur Schule durchzuführen. 12 Reisende im Sprinter? Wie oft bist Du denn gefahren? Der Flughafen liegt doch fast 50 Minuten entfernt von Eurer Schule!  Die Antwort habe ich vergessen, aber ja, das war eine zwar schöne, aber weite Strecke. Am nächsten Tag mussten wir umziehen. Die kommenden 6 Nächte wurden wir nach Önnesred „verlegt“.Bei Wikipedia wird „unsere“ Schule sogar erwähnt: „Die Önneredsskolan befindet sich in Önnered, mit Klassen von der Vorschulklasse bis zur neunten Klasse, und in der Nähe der Schule befinden sich die Badebereiche Ganlet und Rörvik.

Ganlet ist ein malerisches Erholungsgebiet mit wiederhergestellten Feuchtgebieten.“  

Stimmt alles, richtig toller Ort, einziger Nachteil: Wenn man weiß, wie man fahren muss, braucht man immer noch etwa eine Stunde zu den Spielorten in der Stadt. Alle halbe Stunde gehen die öffentlichen Verkehrsmittel ab. Dazu muss man wissen, dass alle Teilnehmer des Partille-Cups freie Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln haben, man kann sich also beliebig oft verfahren und muss trotzdem keine zusätzlichen Fahrkarten kaufen. Tatsächlich hatten wir das aber gut im Griff und wenn man von dem kleinen Ausreißer im Anschluss an die Eröffnungsfeier in der großen Arena Skandinavium (im Herzen von Göteborg) absieht, sind wir meistens optimal gefahren.

Unsere Turnierspiele waren gut verteilt. Am ersten Tag hatten wir nur ein Spiel, danach pro Spieltag zwei Spiele ohne lange Wartezeiten und jeweils zweimal 15 Minuten. In der Organisation des Turniers merkte man, dass der Partille Cup schon seit 55 Jahren gespielt wird. Die wissen, wie man ein solches Turnier organisiert! Unsere Gegner kamen aus Schweden, Dänemark und Kroatien. Beinahe hätten wir gegen Indien oder Argentinien gespielt, aber leider verloren diese beiden Mannschaften Ihre Spiele und es kam zu keinem Aufeinandertreffen gegen Mannschaften anderer Kontinente. Das ist überhaupt das Tolle an diesem Turnier, man sitzt im Bus (nicht so selten, wenn man in Önnersred wohnt), kommt mit dem Sitznachbarn ins Gespräch (mit einer Wahrscheinlichkeit größer als 80% ein Handballer) und erfährt, dass derjenige Trainer einer Jugendmannschaft aus Peru ist, die nur wegen dieses Turniers angereist ist und nach Turnierende auch gleich wieder den Heimweg antritt. Je nach Gesprächstiefe verpasst man dann auch mal seine Station, aber das macht ja bekanntlich nichts.

Die B-Jugend der SG LTV/NTV wäre nicht die B-Jugend der SG LTV/NTV wenn wir nicht die Herausforderung suchen würden! Natürlich haben wir uns für Boys18 angemeldet, das bedeutet, dass fast gegnerischen Teams älter waren als wir. Unsere Gegner im ersten Spiel trainieren 5 x die Woche, die Vorzeichen waren also gesetzt. Tatsächlich hatten wir in den Vorrunden-Spielen keine echte Chance ein Spiel zu gewinnen. Neben dem Alter der Gegner waren auch die äußeren Begebenheiten wie Harz, Kunstrasen, zwei Schiedsrichter, … ungewohnt für die Jungs. Aber wie immer, von Spiel zu Spiel lief es deutlich besser und wir kamen ins Turnier. Besonderheiten gab es bei den unterschiedlichen Nationen auch häufig zu sehen. So spielten die skandinavischen Mannschaften im Angriffsspiel sehr oft 7 gegen 6. Das kennen wir in unseren Ligen nicht. Auch hier stellte sich schnell ein Lerneffekt ein. Mit offenen Augen marschierten wir durch das Turnier und immer wieder zeigten sich neue Perspektiven. Ich bin mir sicher, dass unsere Jungs viel gelernt und mitgenommen haben.
Im Turnierverlauf kam es dann auch zu verletzungsbedingten Ausfällen, die aber von der Mannschaft problemlos kompensiert wurden. Auch auf der Torwartposition musste Justus aushelfen und glänzte mit spektakulären Paraden, die Simon bereits in den vorausgegangenen Spielen gezeigt hatte.
Das sportliche Fazit: Wir haben uns von Spiel zu Spiel kontinuierlich gesteigert und konnten vernünftig mithalten. Wir hatten aber auch eine schwierige Gruppe, einige andere Mannschaften spielten auf unserem Niveau, waren aber alle nicht in unserer Gruppe. Wir haben aber auch gesehen, wie es andere Mannschaften gemacht haben: morgens um 7:00 Uhr (!) traf man sich vor der Schule und begann den Tag mit einem Waldlauf (so sagte man früher), das war schon sehr erstaunlich.
Die Mannschaft ist zusammengewachsen. Es wurde viel gemeinsam unternommen und auch die Mobiltelefone wurden mitunter zur Seite gelegt.
Als Trainer fährt man ja nicht völlig sorgenfrei zu einem solchen Turnier, aber das in die Jungs gesetzte Vertrauen hat sich ausgezahlt. Alle haben eigenverantwortlich gehandelt, alle haben sich vorbildlich verhalten und es gab keinen Anlass zur Klage. Das konnte, musste man aber nicht erwarten.
Wenn es nicht so anstrengend wäre, ich würde glatt nochmal fahren!