2024 Die Adria Route
Ganz unspektakulär verlief die Vorbereitung auf unsere Reise durch insgesamt 4 Länder. Wir starten am 14.Mai 2024. Per Zug geht es von Köln nach Salzburg. Von Salzburg mit dem Rad nach Karlstein (Bad Reichenhall). Dort findet dann hoffentlich die Carrom-Revanche zum Spiel im Rahmen der Fahrradtour 2021 statt. Am 15. geht es dann Richtung Adria. Über Villach (Ossiacher See/ Gerlitzen - da habe ich Skifahren gelernt!) geht es Richtung Caorle (erster Urlaub nach dem Abitur!) und Bibione (erster Urlaub 1969 in Italien). Von dort dann über Bergamo (Gegner im Euroleague Finale) nach Lugano (Campione - Urlaub 1975-77). Von Lugano aus zurück mit dem Zug nach Köln (23.Mai).
Begleiten wird mich, wie fast immer, mein geschätzter Freund und Radtouren-Antreiber Jörg.
Eine Reise in die Vergangenheit ohne Sponsoren und beinahe ohne Vorbereitungen. Da bin ich mal sehr gespannt. Kurze Berichterstattung über den WhattsApp Status sowie auf dieser Webseite.
Streckenlänge etwas über 1000 km, also kein Vergleich zur Deutschlandtour, aber: starke Steigungen, viel Verkehr, die fremden Sprachen (Österreich), mal sehen, ob das klappt.
Tag 1 - 14.Mai 2024
Heute ging es los. Mit dem Fahrrad zum Kölner Bahnhof und von dort mit dem ICE nach München und schließlich mit einem Regionalzug nach Salzburg. Von Salzburg dann mit dem Rad nach Karlstein/Bad Reichenhall. Streckenlänge mit dem Rad 40 km. Ein sonniger Tag begrüßte mich zur Abfahrt. Herrliches Wetter auf dem Weg nach Köln. Der Transport der Räder, sowohl im ICE, als auch im Regionalzug war einfach und hat super geklappt. Einzig das Fahrradabteil des ICEs war etwa 10 Waggons vom Bordrestaurant entfernt.
Ein weiter Weg, insbesondere dann, wenn man beim Rückweg am Frankfurter Flughafen hält und hunderte von Menschen den Weg versperren. Ansonsten hat alles super geklappt.
Der Umstieg in München verlief problemlos, nur in Salzburg mussten wir die Fahrräder per Rolltreppe transportieren, aber geht natürlich auch. Der Fahrradweg nach Karlstein war richtig schön und angenehm zu fahren.
Unser Gastgeber (Robert) hat uns in bekannter Manier freundlich empfangen und bewirtet (wir waren in Bad Reichenhall beim Italiener). Der Abend klang, im Vergleich zum letzten Besuch relativ früh aus.
Das obligatorische Carrom-Match (Robert war ebenso wie ich Mitbegründer der Deutschen Carromszene in den 80ern) endete mit einem überraschenden Auswärtssieg (7:10) nach 8 Boards. Ein taktisch geprägtes Spiel, kein Leckerbissen für Carrom-Liebhaber, aber spannend bis zum letzten Board.
2.Tag - 15.Mai 2024 Karlstein - Böckstein - Obervellach
Das Wetter bleibt schön. Eine ziemlich abwechslungsreiche Strecke (150 km) führte uns bei allerdings ständigen Gegenwind Richtung Süden. Weitestgehend alle "Hausberge" vergangener Skiurlaube wurden passiert und die Streckenführung ließ uns doch einige Höhenmeter bewältigen. Gegen Ende der Tour verließ mich der Spürsinn, aber auch Google Maps wies uns immer wieder mal in falsche Richtungen, so dass wir erst am späten Abend in Böckstein landeten. Von dort gab es dann eine kurze Zugfahrt nach Mallnitz und von dort direkt nach Obervellach.
Die Ankunft in Bad Gastein war schon schwierig, aber diese wunderschöne und interessante Stadt entschädigte für den betriebenen Aufwand. Leider war zu diesem Zeitpunkt auch das Wetter nicht mehr ganz optimal und es deuteten sich erste Regenschauer an. Viel schlimmer war aber der Anstieg nach Böckstein und die Tatsache, dass mein Fahrrad erste Probleme bereitete. Gerade bei Bergfahren sind Kettenprobleme ein Hindernis. Immer wieder blockierte meine Kette und ich musste bei starken Steigungen vom Fahrrad runter. Dummerweise lief uns nicht nur die Zeit davon, auch der Füllstand meines Akkus neigte sich dem Ende zu, ärgerlich, wenn es nur bergauf geht. Kurz vor dem Bahnhof war es dann tatsächlich soweit, Akku leer. Die letzten Meter ohne Unterstützung gingen dann auch, aber es wurde schon jetzt spürbar kälter. Mit dem letzten Zug fuhren wir dann nach Mallnitz. Die Dunkelheit war mittlerweile eingebrochen, es fing an wirklich stark zu regnen, aber wir hatten auch noch kein Hotel gefunden. Unsere Parole: Das nächste Hotel wird genommen!
Das nächste Hotel war dann aber erst 10 km weiter. In mittlerweile strömenden Regen und bei einstelligen Temperaturen ging es in der Dunkelheit etwa 8km nur bergab. Man konnte es nicht wirklich genießen, da der Regen dazu führte, dass man ständig bremste und die Dunkelheit tat Ihr übriges dazu bei, die Abfahrt zu einem leider unangenehmen Erlebnis zu werden zu lassen. Direkt am Ortseingang hing ein Fähnchen mit "Zimmer frei" und wir konnten unsere Unterkunft beziehen. Die Eigentümer waren, zu unserer Überraschung, Niederländer und konnten uns nur ein Zimmer mit Bad und eine "Abstellkammer" anbieten. Die "Abstellkammer" war aber ein ordentliches Zimmer, klein, aber mit Waschbecken aber ohne Dusche, dafür mit Heizung und Toilette eine Etage tiefer. Die Heizung war wichtig, da meine "professionelle" Radlerkleidung (Jeans und Sweatshirt sowie "Regenjacke") komplett durchnässt waren. Den relativ langen Abend verbrachten wir in der Gaststube bei ein paar Schnäpsen und einer sehr netten Unterhaltung mit unseren Gastgebern. Es war noch Vorsaison und neben uns waren nur noch wenige Gäste im Haus. Besonderheit an der Stelle war, dass wir unsere Fahrrad-Akkus nicht mit ins Haus nehmen durften (Brandgefahr). Man uns aber zusätzlich zwei Aufladegeräte zur Verfügung stellte, so dass wir mit vollgeladenem Akku die 2. Etappe angehen konnten.
2. Tag - 16.Mai 2024 Obervellach - Finkenstein
Der vermutlich schlimmste Tag unserer Reise. Eigentlich wollten wir bis Italien kommen. Um genau zu sein bis Pontebba. Daraus wurde leider nichts. Dass das Wetter nicht mitspielen wollte war bereits am Vortag zu befürchten. Dass es aber so stark regnen würde war nicht wirklich zu erwarten. Die Radwege waren zum Teil unbefestigt, daher war meine professionelle Radlerkleidung nicht nur unangenehm zu tragen, sondern auch sehr dreckig. Es war viel zu kalt um in kurzen Hosen zu fahren, daher gab es leider auch keine wirkliche Alternative zu den Jeans. Jörg war ein wenig schlauer, er hatte Laufhosen an, die allerdings auch nicht wasserabweisend waren, aber nicht ganz so schwer wie Jeans sind. Unterwegs machte sich meine Kette immer häufiger bemerkbar. Immer wieder musste ich anhalten, da sich die Kette "verhakt" hat. Es war störend, aber zu Beginn konnte man noch einigermaßen vernünftig fahren. Es wurde schlimmer und irgendwann sprang dann die Kette sogar vom vorderen Ritzel ab. Leider ist der Zugang zum vorderen Ritzel durch eine Schutzhaube umgeben, die zwar relativ leicht ab ging, aber umso schwieriger wieder aufzusetzen war. So schwierig, dass Jörg und ich nach einer mindestens 40 minütigen Reparaturpause entschieden, ohne Schutzhaube weiterzufahren. Auch das war nicht so einfach zu bewerkstelligen und wir uns entschieden, die Abdeckung mit bloßer Muskelkraft zu zerstören. Dies fiel aufgrund der sowieso angespannten Stimmungslage mir nicht schwer und so ging es mit bleibenden Problemen, aber ohne Abdeckhaube ständig weiter.
Das mein großer Akku keinen Strom mehr lieferte, obwohl er geladen war, rundete das Bild des Tages ab. Der ständige Regen führte aber auch dazu, dass mein Handy spann. Zum einen litt das Display deutlich, zum anderern öffneten sich neue Apps durch die Regentropfen die an die Oberfläche des Handys klopften. Obwohl wir auf unseren ausgedehnten Pause sogar einen Kölner trafen der nach Österreich ausgewandert war und nun irgendwo vor Villach lebt, kam bei mir keine Begeisterung auf. Irgendwie nach Villach kommen und dort einen Fahrradhändler aufsuchen, der mal nach dem Rechten sehen kann. Gesagt getan. Jörg war sich relativ sicher, dass es an dem vorderen Ritzel läge. Dem stimmte auch der erste Fahrradhändler zu, der uns allerdings mitteilte, dass er ein solches Ritzel nicht vorrätig hätte, sondern es in Spittal einen großen Fahrradhändler gäbe, der bestimmt ein solches Ritzel habe.
Pünktlich um 12:31 trafen wir beim Fahrradhändler in Spittal ein, dessen Mittagspause von 12:30 bis 14 Uhr ging. Jetzt noch 90 Minuten in nassen Kleidern auf offene Türen zu hoffen erschien uns zu lang, deshalb ging es nach Villach weiter. Auf der Strecke bemerkten wir keinen weiteren Fahrradhändler und so kamen wir gegen 16:30 in Villach an. Dort gab es in einem Industriegebiet einen großen Fahrradhändler, den wir direkt ansteuerten.
Jörg ging Kaffee trinken und ich ab zum Fahrradhändler. Normalerweise hätte man sich für meinen Aufzug schämen müssen, aber mittlerweile war mir beinahe alles egal. Im Geschäft befand sich auch eine Reparaturwerkstatt und mangels anderer Kunden kam ich auch direkt dran. "Das wird die Kette sein, ich tausche mal die alte Kette aus!" rief mir der freundliche Mechaniker mit österreichischen Akzent zu. "Gerne!" gab ich zur Antwort und ruckzuck war die Kette gewechselt. "Bitte einmal auf dem Parkplatz Probefahren!" empfahl mir mein Mechaniker und die Testfahrt auf dem Parkplatz beraubte mich aller Illusionen. "Das ist unverändert" sagte ich enttäuscht.
"Dann wird es wohl am vorderen Ritzel liegen." meinte der immer noch gut gelaunte Mechaniker. "In 5-6 Arbeitstagen (Anm.: es war kur vor Pfingsten) ist das Ding da!" Das war natürlich keine Option und so verabschiedete ich mich mit einem saftigen Trinkgeld von meinem Mechaniker, das deutlich niedriger ausgefallen wäre, wenn ich die Rechnung vorher gesehen hätte. Jörg harrte im Imbiss aus und ich musste mir jetzt erstmal eine neue Hose kaufen. Dies ist ja bekanntlich nicht so mein Ding, aber Dank nicht allzu großer Auswahl konnte ich mich schnell für die preisgünstigste Variante einer Hose mit abnehmbaren Beinen (sagt man das?) entscheiden. Eine weise Entscheidung, wie sich im Verlauf der weiteren Reise noch zeigen sollte. Bei aller Begeisterung für meinen Einkauf hatte ich Jörg, der jetzt schon geraume Zeit im Imbiss auf mich wartete, nicht vergessen. Ganz im Gegensatz zu meinem Sena-Helm mit Bluetooth Verbindung. Der lag im Fahrradgeschäft und hat sich sicherlich auch gewundert, dass ich ihn nicht mitgenommen habe, zumal es mittlerweile 18:05 Uhr war und das Fahrradgeschäft um 18:00 Uhr schließt. Natürlich bin ich sofort zum Geschäft gelaufen und durfte feststellen, das die Mitarbeiter im Geschäft vermutlich deshalb alle so freundlich sind, weil sie wissen, das pünktlich Feierabend gemacht wird. Ich stand also vor verschlossenen Türen. Mir gingen viele Dinge durch den Kopf. Aufgrund der Probleme meines Fahrrades hatten wir geplant den morgigen Tag wieder nach Hause zu fahren. Der Zug, den wir nehmen wollten ging bereits vor 10 Uhr, der Öffnungszeit des Fahrradgeschäfts. Welchen Aufwand werde ich wohle betreiben müssen um diesen guten und hochpreisigen Helm wohl wiederzubekommen? Aber es gibt keine Tage, die nur schlecht sind: "Personaleingang!" schoss es mir durch den Kopf und im Eilschritt rannte ich, schon mit meinen neuen Hosen, zum Personaleingang. "Ich habe meinen Helm vergessen!", rief ich den Leuten am Ausgang schon aus der Ferne zu. Grinsende Gesichter empfingen mich. "Das habe ich mir schon gedacht, dass der Ihnen gehört!" Warten Sie, ich bringen Ihnen den raus. "Na geht doch!", schoss es mir durch den Kopf, jetzt wird alles besser. Wie man sich doch irren kann! Wir kamen zum üblichen Schritt am vorgerückten Abend: Hotelsuche. Wir sind ja nun oft darauf hingewiesen worden. Auf unserem Hotelportal suchen, dann zum Hotel fahren und Zimmer vor Ort buchen. "Auf jeden Fall nach Finkenstein!" rief uns das Hotelportal förmlich zu. Hier gibt es genügend freie Hotels. Außerdem ist man direkt am Faaker See, das lohnt auf jeden Fall und es sind nur 13 km! 13 km können mit einem kaputten Fahrrad relativ lange werden. Unser bevorzugtes Navigationssystem zeigte uns den Weg und los gings. Ein aufziehendes Gewitter machte sich in der Ferne schon lautstark bemerkbar und es regnete sich mal wieder ein. Das von uns bevorzugte Navigationssystem hat ganz offensichtlich nicht nur Stärken. Der aufgezeigte Weg beinhaltete Strecken, die selbst von geübten Mountainbike-Fahrern kaum zu bewältigen waren. Ganz enge Wege direkt durch einen dichten Wald mit hohen Wurzeln und Ästen die deutlich auf den Weg ragten. Das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn der Regen nicht immer schlimmer geworden wäre und auch das Gewitter immer näher kam.
Es war kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen und dass mein Fahrrad immer mehr Probleme bereitete, brauche ich nicht zu erwähnen. Auf einmal tat sich eine Straße auf! Vom Waldweg nur durch eine etwa 50cm hohe Mauer getrennt. Gemeinsam hoben wir die Räder auf die Straße, mittlerweile gab es keine trockene Stelle mehr am Körper, die Temperaturen schätzten wir auf maximal 8 Grad und wir waren noch lange nicht in Finkenstein. Dann irgendwie doch. Längst war es dunkel und Finkenstein wirkte wie eine Geisterstadt. kein Mensch zu sehen, kein Licht, kein nichts. Aber dann an der Kreuzung: Ein Hotel, zwei freie Einzelzimmer und noch warme Küche! Am Abend trafen wir dann den Beschluss die Tour abzubrechen! - Außer wir würden doch noch einen Fahrradreparateur finden, der mein Fahrrad wieder in die Spur bringen würde. Jörg kümmerte sich und fand sowohl eine Fahrradwerkstatt in Villach sowie die Zugverbindungen nach Köln. Den Abend verbrachte ich mit einem Versuch, der kläglich scheiterte. Ich wusch meine verdreckten Jeans in der Dusche und ließ die Hose über Nacht trocknen.
3. Tag - 17.Mai 2024 Finkenstein - Spilimbergo
"Wo ist das denn? Spilimbergo, nie gehört!" oder "Warum seid ihr jetzt doch weitergefahren?" waren Fragen, denen wir uns am Abend stellen mussten. Doch der Reihe nach. Am Morgen standen wir früh auf und fuhren, diesmal auf der Straße, direkt Richtung Villach. Bis zu diesem Tag glaubte ich nicht wirklich an Wunder (Bochum hatte noch nicht in Düsseldorf gespielt), aber mein Fahrrad fuhr "wie eine Eins". Offensichtlich hatte der nächtliche Regen alle Problem weggespült. Natürlich wollte ich Jörg von dieser positiven Entwicklung sofort berichten, aber da bemerkte ich, dass Jörg einen anderen Weg eingeschlagen hatte. Telefonisch vereinbarten wir einen Treffpunkt in Arnoldstein, ein Ort kurz vor der italienischen Grenze. Meine Fahrt wurde durch die hohen Wasserstände der Drau und Gail eingeschränkt, da die am Flussufer aufgestellten Warnschilder, eine Weiterfahrt auf den Fahrradwegen untersagte. Schließlich trafen wir uns, mit gehöriger Verspätung am Treffpunkt in Arnoldsheim und unsere gemeinsame Fahrt konnte fortgesetzt werden. Nun ging es einige Kilometer bergan Richtung Grenzstation Travisio. Aus unserer kurzen Pause wurde ein gepflegtes Mittagessen (Pizza Diavolo bzw. Capricciosa).
Nicht ganz ohne Grund. Das Wetter war wieder schlechter geworden und die anstehende Teiletappe verhieß nichts Gutes, es ging richtig steil nach oben. Das ist aber bei E-Pedalics nicht das große Problem, das Wetter, der Untergrund und der Wind sind die schlimmeren Hürden. Letztendlich schafften wir, bei nur leichtem Regen den Aufstieg problemlos und nun begann ein überragender Teil unserer Fahrt. Eine ehemalige Bahntrasse wurde zur Fahrradautobahn ausgebaut und es ging komfortabel viele Kilometer bergab. Unterwegs trafen wir kaum andere Radfahrer, vermutlich war das Wetter ein Grund. Der Regen nahm zu und wir genossen jeden Tunnel, der uns Wärme und Trockenheit, wenn auch nur für wenige Sekunden bot.
Wenn schon bei regen fahren, dann auf dieser Strecke, zumal die Landschaft einfach großartig war. Wir machten richtig Kilometer und fuhren immer schneller Richtung Adria. Plötzlich war es wieder Abend und es ging auf Hotelsuche. Unser Hotelportal bot eine Unterkunft in Spilimbergo an, nur etwa acht Kilometer von unserer Tourstrecke entfernt. Also nichts wie hin. Das Hotel (Albergo) hatte dann aber doch keine Zimmer, so dass wir uns was gönnten: Das Grand Hotel in Spilimbergo! Darunter stellt man sich etwas anderes vor, aber auch weil wir die letzten 5 Kilometer im eiskalten Hagel fuhren, waren wir zu allem bereit.
Zwei Einzelzimmer waren nicht zu haben, dafür bekamen wir ein Vierbettzimmer, das in zwei Räume aufgeteilt wurde und uns Unterkunft für eine Nacht bot. Nettes Hotel mit gutem Frühstück zu einem vernünftigen Preis.
4. Tag - 18. Mai 2024 Spilimbergo - Caorle
Am Morgen war gutes Wetter! Auf geht's und wir fuhren im Eiltempo Richtung Adria. In den wenigen Pausen konnten wir unsere nasse Kleidung auf die Fahrräder zum Trocknen auf die Fahrräder hängen, alles wird gut.
Am Nachmittag war der letzte Bundesligaspieltag und mein Sena-Helm kam zum Einsatz. Die WDR2-App auf dem Handy eingeschaltet und ich konnte die Bundesliga-Konferenz live mithören. Unsere Ziele an der Adria waren verknüpft mit alten Urlaubserinnerungen von Jörg und mir. Lignano war die erste Station und es gab endlich den ersten Amarena-Becher, dann über Bibione nach Caorle. Das war einfach nur schön und Sonnenbrand-Wetter. So schön kann Fahrradfahren sein.
Am Abend feierten wir dann die Meisterschaft an der Strandbar in Caorle und aus Tradition übernachteten wir in der Laconda Rosa direkt am Strand oder besser gesagt "Balkon mit Meerblick".
5. Tag - 19.Mai 2024 Caorle - Novente Vicentina
Immer noch schönes Wetter und jetzt geht es Richtung Lugano. Vendig lassen wir links liegen, können es aber aus der Ferne beobachten. Wir sind an dem Tag auch zweimal mit der Fähre gefahren. Wir hatten einmal Pech, die Strecke, die uns von unserem Navigationssystem empfohlen wurde hatte die Schwäche, dass die Abfahrtzeiten der Fähren nicht berücksichtigt wurden. Wir standen an der Fähre und stellten fest, dass nur dreimal pro Tag übergesetzt wird. Wenige Minuten hatten wir die Fähre verpasst, die nächste fuhr erst wieder am Abend. Dann fanden wir aber doch noch einen erträglichen Umweg und fuhren bei bestem Wetter die Strecke weiter. Die Sonne tat ihr Bestes und ich entschied mich, ein langärmliges Oberteil anzuziehen, da die Sonne sich an den Unterarmen unangenehm bemerkbar machte. Dann gab es wieder ein ganz lustiges Erlebnis. Zunächst machten wir an einem Imbiss direkt am Fahrradweg halt und entdeckten heimatliche Utensilien. Kurz danach kam es dann aber zu einem eher unglücklichen Erlebnis. Wer sich in der Gegend auskennt, weiß,
dass überall sehr viel Wasser fließt und Flüsse teilweise nur sehr selten mit Brücken gesegnet sind. Das wurde uns zum Verhängnis. Wir fuhren auf einem langen, recht gut ausgebauten Fahrradweg in Sichtweite zur Adria (links) und rechts ein Fluss. Laut Navigationssystem sollte dann auch bald eine Brücke kommen, die für unsere Weiterfahrt von wesentlicher Bedeutung war.
Man kann es sich denken, die Brücke, war geschlossen und es gab keinen Weg auf die andere Seite. Der Radweg endete auch an dieser Stelle. Die Konsequenz: Wir mussten 9 Kilometer zurück, dann gab es die Möglichkeit auf eine, von LKWs gerne benutzte Landstraße zu wechseln, die parallel zu unserem Fahrradweg, uns Richtung Lugano führte. 18 Kilometer umsonst gefahren, das nervt, insbesondere natürlich der Zeitverlust.
6. Tag - 20.Mai 2024 Novente Vicentina - Macina
Heute war verhältnismäßig schönes Wetter. Wir fuhren und fuhren an schönen Landschaften vorbei. So hatten wir uns das eigentlich vorgestellt. Am Gardasee erlebten wir dann leider einen Wetterumschwung und der gewohnte Regen prasselte mal wieder hernieder. Natürlich gab es eine Regenpause und wir saßen direkt am See und warteten, dass das Wetter besser würde. Leider kam es nicht so und wir fanden eine Unterkunft in Macina. Einem winzigen Ort vor Brescia, der ganz versteckt ein Hotel hatte. Mehr durch Zufall haben wir es gefunden. In einem Hinterhof gelangten wir zum Albergo. Da niemand im Hause deutsch oder englisch sprach und unser italienisch sich auf die Bestellung von Bier, Nudeln und Pizza beschränkte übersetzten wir mit Händen und Füssen sowie einem geeigneten Übersetzungsprogramm auf dem Handy. Zwei super gepflegte Einzelzimmer mit Blick auf die weiten Felder der verlassenen Gegend empfingen uns.
Auf der Terrasse servierte uns der freundliche und sehr redselige Gastgeber eine Flasche Wein, eine große Flasche Bier sowie eine große Flasche Wasser. Wie immer verquatschten wir uns und bemerkten beim Zubettgehen den aufhörenden regen erst im letzten Moment. Wir waren voller Hoffnung für den kommenden Tag.
7. Tag - 21.Mai 2024 Macina - Vercurago
Wirklich strömender Regen empfing uns zum Start in den neuen Tag. Richtig unangenehm war dann die Fahrt durch Brescia, viel Verkehr, viel Regen und gefühlt unendlich groß dieses Brescia. Als wir das geschafft hatten ging es Richtung Bergamo. Bergamo, da war doch was! Ach ja morgen spielten die Jungs von Bayer Leverkusen ja ihr Spiel in Dublin gegen Bergamo, da mussten wir doch zumindest mal am Stadion Halt machen. Der Weg nach Bergamo wurde am Brescia deutlich angenehmer. Der Regen ließ nach und verschwand dann komplett und der Fahrtwind trocknete unsere Kleidung (bis auf die Schuhe, die waren durchgehend nass). Kurz vor Bergamo befuhren wir einen schönen Radweg, als völlig unverhofft drei wilde Hunde hinter mir her waren. Ich bin ja nun wirklich kein Mensch der Superlative, würde aber auch im Nachgang berichten, dass ich mich nicht erinnern kann, jemals ähnlich viel Angst gehabt zu haben. Die Hunde waren direkt in Wadenbeinnähe und fletschen die Zähne. Ein Bild, dass ich kaum vergessen werde. Ich trat in die Pedale, wie ich es noch nie getan habe, aber die Hunde waren etwa gleich schnell. Ich gab jetzt alles und das Bellen der Hunde war nicht mehr zu hören. Ich schaute mich um, zuerst nach rechts (kein Hund), dann nach links. Immer noch war eine der Bestien in Beissnähe, hatte aber das Bellen eingestellt. Nun machte sich mein Training der letzten Tage positiv bemerkbar, offensichtlich konnte nun auch der konditionsstärkste der drei Hunde nicht mehr mithalten. Ich fuhr noch ein paar hundert Meter und hielt dann an. Kein Hund weit und breit, ich schien gerettet. Aber wo war Jörg. Zum Zeitpunkt des Überfalls war er etwa 50 Meter hinter mir gewesen, war jetzt auch er ein Opfer geworden? Ich rief in gleich auf dem Handy an und erfuhr, dass er, nachdem er gesehen hatte, was vorgefallen ist, den Rückzug angetreten hat und nun einen anderen Weg nach Bergamo eingeschlagen hätte. Das war definitiv das Klügste, was Jörg machen konnte.
Wir trafen uns dann am Stadion in Bergamo, das gerade sich (soweit ich weiß seit 2 Jahren) in einer Umbauphase befindet und einen Besuch nicht wert war. Schon wieder viel Zeitverlust und wir fuhren Richtung Comer See weiter. Dann wieder, einsamer Fahrradweg ohne Abbiegemöglichkeit und plötzlich eine fehlende Brücke, wir mussten wieder zurück und schlugen einen völlig anderen Weg ein. Über Citta Alta kamen wir auf eine weitere Straße, die nach vielen Kilometern komplett gesperrt war (was genau heißt eigentlich "chiuso"?). Wir mussten die Sperrung aufheben und sind einen spektakulären Steilhang runter gefahren und erreichten wieder die vorgesehene Route.. Was ein Glück, der Umweg wäre mindesten 30 km gewesen.
Nun ging es also Richtung Comer See und die Fahrt war, wie man es sich wünschte. Die Hotelsuche war allerdings etwas komplizierter. In Vercurago fanden wir ein Hotel am höchsten Punkt der Stadt. Schönes Hotel, als ganz lustig empfand ich, dass, da es keinen Fahrradkeller gab, wir die Fahrräder durch den mit Teppichen geschmückten Speisesaal in den Hinterhof schieben mussten. Relativ skurril, da wir doch sehr verschmutzte Fahrräder hatten. Das Hotel war Prima. Smart TV wurde angeboten und ich nahm mir die Zeit bei Youtube den Tatort Reifezeugnis anzusehen. Bei uns in Deutschland nicht verfügbar, aber in Italien geht's. Nach etwa 15 Minuten überfiel mich dann aber die Müdigkeit und Kommissar Finke (Klaus Schwarzkopf) musste alleine ermitteln.
Jedenfalls ein tolles Hotel und Jörg kümmerte sich mal wieder um das Abendessen.
Unsere Wirtin servierte uns Käse und Wursthäppchen und zu unserer Überraschung bekamen wir dann sogar noch eine Lasagne serviert. Mal wieder ein schöner Tag in einem schönen Städtchen.
8.Tag - 22.Mai Vercurago - Campione
Den letzten Reisetag hatten wir auch so gelegt, dass wir keine 100 Kilometer fahren mussten und weil wir den Abschluss Tag genießen wollten. Das hat auch bis 12 Kilometer vor Lugano glänzend funktioniert, dann zog eine Gewitterfront auf und es begann zunächst stark zu regnen und dann zu hageln. Zum Glück fanden wir am Wegesrand ein Café, wo wir uns zurückziehen konnten und unsere Fahrräder unter den Markisen einer Apotheke und des Cafés unterstellen konnten.
Nach etwa einer halben Stunde gaben wir die erste größere Bestellung auf. Obwohl der Wetterumschwung auch einen Temperatursturz eingeleitet hatte, war uns nach Eis. Ein Bällchen 3,50€, 2 Bällchen 6€ sowie 3 Bällchen 7,50€1 Ein interessantes Preiskonzept, aber jetzt war alles egal: “3 palline di Gelato per favore!" lautete unsere Bestellung. Nach etwa 90 Minuten kümmerten wir uns um den WLAN-Zugang des Cafés und nach etwa 3 Stunden Wartezeit, der Hagel war verschwunden, aber es regnete in Strömen, entschieden wir uns die letzten 12 Kilometer eben nun auch nass zu fahren. Diese 12 Kilometer gehörten sicherlich zu den längsten 12 Kilometern die ich je gefahren bin, gefühlt muss man allerdings sagen, da wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von deutlich mehr als 25 Kilometer pro Stunde gefahren sind. Der Regen trieb uns an! Leider konnten wir die tolle Landschaft nicht genießen und landeten durchnässt in unserer Unterkunft in Campione, direkt am Luganer See. Diese Unterkunft war wieder eine Reise in die Vergangenheit. Mitte/Ende der 70er Jahre waren wir, als die Appartements noch ein Hotel waren, mehrmals im Urlaub in diesem Hotel. Dort hatte ich unter anderem den verschossenen Elfmeter von Uli Hoeneß bei der EM 76 gesehen. Ein schlechtes Omen? Schließlich spielt doch Bayer heute Abend in Dublin gegen Bergamo um den Gewinn des Triple-Gewinns (gegen Kaiserslautern werden sie ja wohl gewinnen!). Jetzt wollten wir erstmal etwas Trockenes anziehen und dann geht es in die Stadt! Ein kleiner Fußmarsch in eine Bar führte zu Bestellung zwei großer Bier. Mittlerweile haben wir gelernt, dass jedes große Bier auf unserer Reise 6 € gekostet hat. Heute wurden wir sehr positiv überrascht:
Zu den Bieren servierte man uns eine wirklich große Wurst/Käse-Platte und wir stillten Hunger, den wir eigentlich nicht hatten. Aber sehr lecker! Bei den zweiten Runde wiederholte sich der Vorgang und bei der dritten Runde winkte dann sogar Jörg ab, wir waren einfach nur satt – und gut gelaunt. Für den geplanten Fußballabend besorgten wir uns noch ein paar Kleinigkeiten (Chips, Bier und eine Flasche Fernet Branca) und ab ging es nach Hause. Fernseher an und los gings. Die Chips gingen schnell weg, das Bier ebenso, jetzt konnten wir uns den Abend mit Fernet Branca schön trinken, das Fußballspiel gab keinen Anlass dazu (sicherlich die schlechteste Saisonleistung von Bayer Leverkusen). Obwohl Julius extra nach Dublin geflogen war und die Enttäuschung (auch über die Art und Weise) sicherlich groß war, machte mir die Niederlage wenig aus. Der Fernet hat dazu sicherlich beigetragen. Jörg ergab sich seiner Müdigkeit schon Ende der ersten Halbzeit und kennt die zweite Halbzeit nur aus Erzählungen. Trotz allem, ein würdiger Abschlussabend. Die Wetterprognosen interessierten nur bedingt, schließlich waren für uns am Donnerstag nur noch 8 Kilometer zu fahren.
9.Tag - 23.Mai 2024 Campione – Lugano – Basel – Köln – Leverkusen
Am letzten Tag ging es um 13 Uhr per Zug Richtung Heimat. Um 11 Uhr starteten wir unseren letzten Fahrradtrip. Punkt 11 Uhr begann es zu regnen, aber wir mussten los, da wir kein Risiko wegen des Zuges eingehen wollten. Das war auch keine schlechte Idee, da wir den Bahnhof in Lugano auch nicht auf Anhieb gefunden haben. Am Bahnhof blieb uns dann aber noch genügend Zeit im Cafe am Bahnhof einen Cappuccino zu trinken. Die Fahrt war wieder reibungslos und ohne jeglichen Höhepunkt. In Basel, als wir umgestiegen sind, wurden wir angesprochen, dass wir doch sehr müde aussähen. Aber auch den Umstieg in den ICE (Basel – Köln) funktionierte problemlos. Angekommen in Köln trennten sich unsere Wege. Während ich den direkten Heimweg nach Leverkusen suchte, ließ es sich Jörg nicht nehmen noch zu seinem Donnerstag-Stammtisch zu fahren. Nicht schlecht, Hut ab!
Fazit:
Eine wirklich tolle Fahrradroute, die wir gefahren sind. Durch das schlechte Wetter konnten wir den Trip aber nur bedingt genießen. Trotzdem war es wieder ein großartiges Erlebnis und das nächste Fahrrad-Projekt ist schon in der Planung. Vielleicht nicht ganz so viele Kilometer pro Tag und auf jeden Fall besseres Wetter!